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Islamic Banking in Österreich

Islamisches Bankwesen, das oft auch mit dem englischen Begriff “islamic banking” bezeichnet wird, beschreibt Bankgeschäfte, die mit den Vorschriften des islamischen Rechts übereinstimmen. Diese Vorgaben werden als Sharia bezeichnet und leiten sich aus dem Koran sowie aus einigen weiteren Quellen ab. Der wahrscheinlich wichtigste Punkt für den Alltag ist das Verbot von Zinsen, das in ähnlicher Form auch in der Bibel zu finden ist.

Während das Zinsverbot in Europa durch weltliche Herrscher seit dem Mittelalter nach und nach abgeschafft wurde, hat es im Islam weiterhin Bestand. Aus diesem Grund können gläubige Muslime viele klassische Leistungen, die Banken anbieten, nicht nutzen. Seit einigen Jahren verzeichnet das islamische Bankwesen daher weltweit enorme Zuwachsraten. Ende 2014 wurden weltweit bereits rund ein Prozent aller Geldanlagen von Banken verwaltet, die die Vorgaben der Sharia einhalten. In den kommenden Jahren dürften die Anlagen deutlich schneller als klassische Bankprodukte wachsen.

In Österreich gab es bislang noch keine Bank, die spezielle Leistungen für Muslime bietet. Ab dem 4. Februar wird sich das jedoch ändern. Dann nämlich startet die Bawag PSK den Pilotbetrieb für ein neues Girokonto speziell für Muslime. Unter dem Namen “Amana” (Arabisch für “Vertrauen” oder “das Anvertraute”) werden drei verschiedene Girokonten angeboten bei denen keine Zinsen gezahlt oder verrechnet werden. Natürlich ist es nicht genug, einfach die Zinsen für die Kunden zu streichen. Vielmehr gibt es für die Konten einen eigenen Verrechnungskreis innerhalb der Bank, der wiederum durch einen Islamgelehrten überwacht wird.

Natürlich hat das Verbot von Zinszahlungen einen religiösen Hintergrund. Geldvermögen selbst gelten im Islam nicht als Basis für finanzielle Gewinne. Vielmehr sollte das Geld produktiv sein, es muss also investiert werden, um damit einen Gewinn zu erzielen. Kurz gesagt beruht das islamische Bankwesen somit nicht auf einer Übertragung des Risikos, etwa auf den Kreditnehmer, wie es bei klassischen Banken der Fall ist. Stattdessen geht es bei jeder Investition darum, das Risiko zu teilen. Für das Risiko, das zum Beispiel der Kreditgeber eingeht, erhält dieser eine Prämie.

In der Praxis gibt es mittlerweile eine große Vielfalt an Bankprodukten, die auf der Sharia beruhen. Dabei kommt es jedoch auf die Auslegung an, die sich zum Beispiel in Indonesien oder Malaysia oft deutlich von der Interpretation bestimmter Vorgaben in den Vereinigten Arabischen Emiraten oder in Saudi-Arabien unterscheidet. Aus diesem Grund werden etwa Anleihen für Infrastrukturprojekte, die von einer islamischen Bank im Mittleren Osten strukturiert wurden, nicht automatisch von islamischen Banken in anderen Ländern angeboten.

Abgesehen von solchen Problemen in einer noch immer relativ jungen Branche gibt es allerdings eine ganze Reihe von sehr interessanten Projekten. Viele Länder haben mittlerweile spezielle Standards für die Buchhaltung islamischer Banken entwickelt. Bei einer gleichen Bilanzsumme kann es schließlich sein, dass die verschiedenen Anlagen einer islamischen Bank anderen Kategorien als bei einer klassischen Bank zugeordnet werden. Das wirkt sich wiederum auf die Vorschriften zum Eigenkapital aus.

Für die Kunden bedeutet das, dass bestimmte Leistungen nicht oder nur gegen relativ hohe Gebühren angeboten werden. Bei alltäglichen Dingen wie einem Girokonto, einem Kredit für den Kauf einer Immobilie oder einer Geldanlage gibt es jedoch keine nennenswerten Unterschiede zwischen klassischen und islamischen Banken.

Stand: 19.01.2016, 07:35